Samstag, 31. August 2019
Unsere 5. Reise
Am Vortag holten wir die Schnecke auf unserem Stellplatz ab, um sie zu putzen und für unsere 5.Reise zu präparieren.
Überraschung: Motor lief, aber sonst war alles tot. Kein Navi, kein Radio, keine Rückfahrkamera, keine Wasserpumpe, kein Gas. Nicht mal die Dinge, die über „Notstrom" immer gingen – also Trittstufe ausfahren oder Notbeleuchtung vor Stolperstufen – waren in Betrieb.
Erst, als wir die paar Kilometer nach Grenzach gefahren waren, konnte ich die Stromzufuhr wieder anschalten (Fehlermeldung einfach weggedrückt). Da dann wieder alles ganz normal funktionierte, hofften wir auf das Beste und rüsteten unser Wohnmobil für eine knappe Woche Schwarzwaldcamping.

1.Tag
Am nächsten Morgen wollten wir losfahren, aber wieder das gleiche Spiel: Alles tot!
B. war vielleicht fertig mit den Nerven!! Schon wieder Probleme mit diesem Wohnmobil!!! Egal was ich vorschlug oder fragte, ich wurde von ihm angepampt und niedergebügelt. Also zog ich mich beleidigt zurück und schmollte. Wir fuhren los und wollten erst mal bei unserem Wohnmobilhändler in Offenburg vorbei, damit die in der Werkstatt mal einen Blick auf unsere Elektrik werfen konnten. Nach einigen Kilometern war alles wieder okay. Die Strom- und Gaszufuhr war zuschaltbar und funktionierte. Wir riefen aber dennoch von einem Rastplatz aus den Elektriker unseres Händlers an. Er stellte die Ferndiagnose, dass unsere Batterie völlig entladen sei, weil wir wahrscheinlich das Licht oder das Radio laufen gelassen hätten. Witzbold! Auf so was achteten wir natürlich sehr. Das war ganz sicher nicht der Fall gewesen. Er beruhigte uns aber: Sobald wir uns auf dem Campingplatz an den Strom hängen würden, würde die Batterie vollständig aufgeladen werden und das Problem hätte sich damit gelöst.
Das beruhigte uns ein bisschen und wir konnten uns dann wieder ganz normal unterhalten. Wir waren uns sicher, dass die ständigen Stromausfälle und Überspannungsblitze in der Bretagne irgendwas mit unsere Batterie gemacht hatten.
Nach etwa 70 Minuten Fahrt waren wir auf dem Campingplatz in Münstertal angekommen.
Wow!!! Was für ein Platz!
1. Riesige Stellplätze, auf die man selbstverständlich begleitet wurde. Wer mit Wohnwagen kam, wurde von einem kleinen Traktor auf den Platz gezogen und gleich richtig hingestellt.
Kein hilfloses Herumirren und Verfahren möglich…
2. Jeder Stellplatz hatte einen eigenen Stromkasten und einen eigenen Wasseranschluss.
3. Die Sanitärgebäude waren neu, geschmackvoll, sauber, großzügig:
Jede einzelne Dusche war in einem kleinen Bad untergebracht. Mit Fensterchen nach draußen, einem Hocker zum Ablegen der Sachen, mehreren Haken zum Aufhängen von Handtüchern, Klamotten etc. UND einem Waschbecken. Man musste also nicht die Räume wechseln, bloß weil man sich die Zähne putzen wollte.
Jede WC-Kabine war in sich abgeschlossen. Man konnte also durchaus mal Geräusche machen, ohne dass der gesamte Sanitärtrakt unterhalten wurde. Außerdem gab es in jeder Kabine einen Spender mit Sakrotan. Damit konnte man die Klobrille desinfizieren.
Die Entsorgung des Schwarzwassers (chemische Toilette) passierte einem Räumchen, das mit schicken Fliesen gekachelt war.
Es gab einen großen Raum mit picobello sauberen Spülen.
Natürlich Waschmaschinen und Trockner, sowie einen Raum um die Skischuhe und -klamotten zu trocknen. (Schwarzwald halt …)
4. Schwimmbad, Sonnenliegewiese und Hallenbad
5. Kleiner Teich als Biotop
6. Angelteich
7. Mehrere Weiden mit Ponys und Pferden (Reiten war für Kinder kostenlos)
8. Riesenabenteuerspielplatz
9. Tennisplatz
10. Platz zum Bogenschießen
11. Hundewiese mit Agilityparcours
12. Fußballplatz
13. Indoorspielplatz für Kinder
14. Supermarkt mit einem wahrhaft großen Sortiment
15. Geschenkelädele
16. Physiotherapiepraxis
17. Kosmetikstudio
18. Sehr großes Restaurant
19. Direkt neben dem Platz eine S-Bahnhaltestelle (was einen Mietwagen überflüssig machte)
Und das beste von allem: Strahlender Sonnenschein und Temperaturen um die 30°Grad!!!!


B. hat sich in eine schattige Ecke (ganz hinten links) verkrümelt

B. und ich überlegten hin und her, aber wir fanden beim besten Willen nichts, was uns störte oder was wir vermissten. Unser Stellplatz lag nur wenige Meter vom S-Bahnhof entfernt, doch das Geräusch der halbstündig ein- und ausfahrenden Bahnen störte uns überhaupt nicht.
Wir waren einfach nur glücklich und zufrieden!

2.Tag
Wir hatten uns extra den Wecker gestellt, denn wir hatten direkt Termine:
9.30 Uhr Fußpflege für B.
10.30 Uhr Fußpflege für mich
12.00 Uhr Kosmetiktermin für mich
Die Fußpflegerin und die Kosmetikerin waren vom Campingplatz-Besitzer angestellt und hatten hier ihre Studios. In dem Schwarzwaldhäuschen, in dem sie tätig waren, befanden sich außerdem Räume für den Physiotherapeuten und für den Masseur. War das nicht cool? Jetzt fehlte mir nur noch der Friseur, und ich wäre rundum erneuert worden!
Am Mittag pilgerte ich über die Bahnlinie zu einem Outletfactory.
Ja, was soll ich sagen?
Gubor: mehrere Kilo Süßigkeiten. Schiesser: Unterwäsche und Schlafanzug. Möve: Bademantel und Wäschekorb. Gerry Weber: Sockenvorräte.
Echt, kannst mir glauben: Hab ich ALLES ganz DRINGEND gebraucht!! Glücklicherweise hatte ich B. nicht mitgenommen, sonst hätte ich noch 2 weitere Arme zum Tütenschleppen gehabt. Und ich hatte nur aufgehört zu kaufen, weil ich nichts mehr tragen konnte!

In der grünen Tasche waren ausschließlich Süßigkeiten!!!

Den Nachmittag über machte ich Urlaub, das hieß chillen, Campingnachbarn beobachten, mit Campingnachbarn quatschen, über Campingnachbarn lästern …
und lesen, lesen, lesen…
Es erwies sich als echter Glücksfall, dass ich im Jahr zuvor von meinen Geschwistern ein Lesegerät zu Geburtstag bekommen hatte. Das ersparte mir, Tonnen von Büchern in den Urlaub mitnehmen zu müssen. Und wenn mir ein Buch nicht gefiel: einfach gelöscht! Hatte davon gehört, dass man inzwischen auch Bücher aus der Stadtbücherei herunterladen und lesen konnte. Etwas, das ich unbedingt mal ausprobieren wollte.
Hauptsächlich las ich Campinglektüre. Besonders gefielen mir da die Campingkrimis von Bernd Stelter. An diesem Nachmittag las ich aber ein „Campinghasser-Buch", was mich sehr amüsierte. Der Autor machte schon als Kind traumatische Erfahrungen auf diversen Reisen, bei denen einfach alles schief lief. „Das Vorzelt zur Hölle" hieß es.
B. verschlief den Nachmittag eigentlich hauptsächlich. Gegen 17.30 Uhr tauchte er total verpennt aus dem Wohnmobil auf. Wir zogen uns geschwind um und gingen ins Restaurant zum Essen. Wer schon nichts schafft, darf wenigstens ordentlich essen …


3. Tag
Schon wieder „Terminstress".
9.30 Uhr Wassergymnastik: Sehr empfehlenswert! Muskelkater garantiert!
12.00 Uhr Relax-Massage: Weniger empfehlenswert! Die Masseurin quatschte ohne Punkt und Komma. Sie wagte es sogar, mir mit Blick auf meinen Wackelbauch doch tatsächlich Ernährungsratschläge zu geben!!!
17.00 Uhr Bogenschießen: Sehr empfehlenswert! Ich war zwar die Looserin des ganzen Kurses mit unschlagbaren 0 Punkten beim Königsschießen, hatte aber dennoch viel Spaß. Da ich so schlecht zielte, konnte ich leider unser Abendessen nicht selbst schießen und wir mussten uns dann doch noch schnell eine Pizza bestellen.


Machte wirklich Spaß: Bogenschießen

20.00 Uhr Unterhaltungsmusik mit „Die Zwei and friends“: Da sind wir selbstverständlich NICHT hingegangen, konnten uns der Beschallung aber nicht entziehen. Schon der Name dieser Band war doch der Hammer, oder? Und es kam, wie es kommen musste: Deutscher Schlager und Jodelmusik. Da mussten B. und ich schnell noch eine Flasche Wein aufmachen, deren Wirkung auch wie erhofft bald einsetzte. Bei „Er gehört zu mir" wippten wir schon mit den Füßen, bei „Aber bitte mit Sahne" brummen wir mit und bei „The Lions sleeps tonight" gab es kein Halten mehr: B. und ich und der gesamte Campingplatz grölten mit! Um 21.00 Uhr endete das Konzert, schließlich mussten die vielen Rentner beizeiten ins Bett!

4. Tag
Wer hier auf dem Campingplatz eincheckt, bekommt eine „Konuskarte", mit der man alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei nutzen kann.
Da wir direkt an einer S-Bahn-Haltestelle campierten, nutzten wir diese Gelegenheit natürlich. Hingelatscht, eingestiegen und erst mal in Staufen ausgestiegen.
Was für ein hübsches Städtchen! Ich war noch nie zuvor da gewesen. So hübsche Lädelchen, Gässchen und Häuschen!!


Burg


Marktplatz


Hinterhof


Fahrrad

Nach einiger Zeit sind wir wieder zum Bahnhof und eine Station weitergefahren. Jetzt war Bad Krozingen dran. Das kannte ich schon von früher. Das Cafe, in dem wir zum Vespern einkehren wollten, war aber geschlossen wegen Urlaub. Also kehrten wir notgedrungen in einem „Heizmann“ ein. Tja, was soll ich sagen? Nicht unsere erste Wahl, war aber okay.
Dann wieder mit der Bahn „on tour“ nach Freiburg. Wir spazierten langsam zum Münster, wo sich B. selbstverständlich eine Tofu-Bratwurst genehmigen musste. (Das ist bei ihm obligatorisch, wenn er in Freiburg ist!)

War mir noch nie aufgefallen: Ganz oben musste irgendjemand die Geranien pflegen…

Im Münster genossen wir die Kühle und die Stille. Dann stand mir der Sinn nach was Süßem. Und in einem Eiscafe bekam ich eine heiße, knusprige Waffel mit frischen Himbeeren und einer Kugel Vanilleeis. Soooo lecker!
Wir schlenderten wieder zum Bahnhof und fuhren zurück nach Münstertal. Da es ein sehr heißer Tag war, hatte sich der Innenraum unserer Schnecke auf knapp 40° Grad aufgeheizt! Ich wollte die Klimaanlage anschalten, aber wir haben es irgendwie nicht so ganz geblickt, wie das Ding funktionierte. Das dauerte mir alles viel zu lange, als setzte ich mich einfach raus in den Schatten. Inzwischen zog ein Gewitter auf, die Sonne verschwand und es blies ein erfrischendes Windchen. Dadurch kühlte auch das Wohnmobil relativ schnell auf erträgliche 28° Grad ab und ich legte mich „zum Meditieren“ aufs Bett. Ich wachte erst wieder auf, als es kräftig zu regnen begann.
B. hatte schon alle Campingmöbel in die Garage versorgt, wir mussten nur noch schnell die Fenster schließen. Die 4 Dachluken selbstverständlich, aber sicherheitshalber auch die Seitenfenster, weil wir nasse Fensterdichtungen vermeiden wollten.
Später gingen wir noch in der „Burestube" Essen. Was soll ich sagen? Leider sehr lecker und mein „Ranzen" war nachher fast bis zum Platzen voll! Vornehme Zurückhaltung und Campingurlaub vertragen sich einfach überhaupt nicht, denn man muss ja die lokalen Spezialitäten unbedingt würdigen und verkosten. (Auch und gerade dann, wenn der Urlaubsort nur knappe 110 km entfernt lag!)
Den restlichen Abend verbrachte ich damit, auf meinem Tablet eine Folge meiner Lieblingssoap anzusehen. Welche Serie das war, verrate ich nicht, denn das ist mir schon superpeinlich, dass ich auf einem solchen Niveau unterhalten werden möchte! (Ich verrate nur so viel: Der unbeliebte Landrat wurde am Ende der Folge mit einer Alkoholvergiftung leblos aufgefunden!!!! Tatatataaaa!!!! Cliffhänger!!!!! „Und wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht, schalten Sie auch nächste Woche wieder ein…“)
Dann habe ich noch ein paar YouTube-Videos von und über Camper angesehen. Das liebte ich ja inzwischen so: Die Erfahrungen von anderen Pärchen und Familien beim Campen anzusehen! Da relativierte sich das eigene Versagen ganz schnell. Außerdem lernte man echt viel. Zum Beispiel wussten wir nicht, dass es in Frankreich auch Plaketten für Umweltzonen gibt und wir - je nach Luftbelastung – ohne diesen Aufkleber („Crit'air“) durch bestimmte Städte gar nicht hätten fahren dürfen.
Nun gut, wir sind ja nicht erwischt worden und vor dem nächsten Frankreichurlaub wollten wir uns so ein Ding sicherheitshalber besorgen.

5.Tag
Das übliche Prozedere: Packen, alles fahr- und wackelsicher einräumen und losfahren Richtung Nachhause. Ich zahlte noch schnell die Rechnung für unseren Aufenthalt. Bei jedem anderen Campingplatz mussten wir bei der Buchung im Voraus bezahlen. In Münstertal zahlte man erst hinterher: 171,00 Euro für 4 Übernachtungen.
Auf Campingplätzen zahlt man üblicherweise a) für den Stellplatz pro Nacht und b) pro Person und pro Nacht. In Münstertal musste man zusätzlich noch Kurtaxe, Müllgebühren und Stromverbrauch bezahlen. Dafür war das Wasser am Platz frei, ebenso wie das Duschen, die Schwimmbäder und alle Unterhaltungsprogramme. Die kosmetischen Behandlungen kosteten extra. Das schöne Wetter gab's umsonst.
Kaum war B. auf die Autobahn aufgefahren, schlief ich ein. So ging's mir leider immer! Ich eignete mich noch nie als Beifahrerin. Das habe ich aber auch schon an anderer Stelle beschrieben.
Zuhause stellten wir das Wohnmobil kurz vors Haus, räumten Schmutzwäsche und Lebensmittel raus, und gleich fuhr B. wieder los und suchte einen Parkplatz für das große Gefährt. Gründliches Durchwischen und Betten frisch beziehen usw. war erst nachts oder am Sonntag möglich, denn das Verkehrsaufkommen bei uns war wie immer erheblich.
Eine 6. und letzte Reise mit unserer Schnecke war in diesem Jahr noch geplant. Dann sollte sie in den Winterschlaf geschickt werden.

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