Sonntag, 5. Januar 2020
Unsere 6.Reise
Unsere 6. Reise sollte uns nach Italien führen. Weil der Tag der Deutschen Einheit in diesem Jahr auf einen Donnerstag fiel und Freitag ein sogenannter „Brückentag" war, hatten wir 4 Tage frei und die nutzten wir für einen Kurztrip an den Lago Maggiore.
Packen und Schnecke startklar machen war inzwischen ein Kinderspiel für uns. Wir hatten schließlich schon ein paar Mal geübt…
Auf der Hinfahrt wählten wir die Strecke durch den Gotthard-Tunnel. Wir hatten etwa ½ Stunde Wartezeit, womit wir sehr gut weggekommen sind. Wir hatten wesentlich längere Wartezeiten befürchtet!
Beeindruckend fand ich nach dem Sankt Gotthard den deutlichen Temperaturunterschied: vorher kalt und regnerisch, nachher Sonnenschein und total warm. Das hat sich (wie dir inzwischen bekannt sein dürfte) extrem positiv auf meine gute Laune ausgewirkt.
Mit meinen katastrophalen geografischen Kenntnissen habe ich B. auf der Fahrt glänzend unterhalten: Immer wieder musste ich raten, ob wir uns noch in der Schweiz oder schon auf italienischem Boden befanden. Ein steter Quell der Heiterkeit für B.!
Und plötzlich: der Lago Maggiore!! Ich flippte fast aus: Palmen!! Wasser!! Alte Villen und Steinhäuschen!! Bougainvilleas!!


Die 10 Ausrufezeichen aus dem vorherigen Absatz vermögen meine Begeisterung irgendwie nicht genug ausdrücken… Am liebsten hätte ich B. gezwungen, sofort anzuhalten und auszusteigen. War allerdings nicht möglich. Und wer diese Strecke schon einmal gefahren ist, weiß auch, wieso. Mittlerweile wich meine Begeisterung nämlich immer mehr einem beklemmenden Gefühl. Die Straße war extrem schmal und mit einem 2,50 m breiten Gefährt erforderte es B.s ganzes fahrerisches Geschick, wenn Gegenverkehr kam. Rechts ragte eine steile Felswand empor, da ging also nichts mit Ausweichen. Die Felswand war mit Grünzeug überwuchert und es knirschte und raschelte für mich sehr beängstigend auf der Beifahrerseite, weil wir so ganz, ganz rechts fahren mussten. Anfangs empfand ich das noch als schön-schauriges Erlebnis und kreischte immer wieder laut, wenn sich mal wieder Efeugedöns im Seitenspiegel verfing und mitgerissen wurde. Mittlerweile dachte ich aber daran, dass wenn B. während des Urlaubs irgendetwas passieren sollte, ich NIEMALS wieder über diese schmale Straße zurückkutschieren konnte. Ich schaute schnell nach, ob es irgendeine andere Strecke gäbe. Fehlanzeige!
Irgendwann wurde die Straße breiter und wir durchfuhren die ersten Orte: Locarno, Ascona, Brissago, Cannobio. Endlich waren wir in Feriolo angekommen.
Am CP „Orchidea" angekommen, mussten wir uns erst durch ein kompliziertes Anmeldeverfahren kämpfen. Es wurden Kopien unserer Ausweise gemacht und die ADAC-Campcard wurde einbehalten. Irgendwie fand ich das ganze Prozedere ein bisschen schräg. Wie wenn wir in einen Hochsicherheitstrakt eingefahren wären.
Dafür entschädigte uns ein super Stellplatz! Der lag direkt am Weg und B. konnte vorwärts einfahren. Alle anderen Fahrzeuge mussten sich seitwärts-rückwärts reinpfriemeln. B. meinte zwar großspurig, das wäre für ihn auch kein Problem gewesen, aber mit mir als Lotsin ist jeder Parkvorgang ein Problem!
Wie bisher immer hatten wir das Glück, in der Nähe der Sanitärgebäude zu liegen. Aber der absolute Hammer war der Blick auf den Strand!
Schnell Wohnmobil abgestützt und ausgerichtet, Strom angeschlossen, Stühle und Tisch raus, Matte vor den Eingang gelegt und kleines Regal für die Schuhe aufgestellt. Zack, Zack! Ich nahm mir vor, das nächste Mal unsere Zeit zu stoppen. Wir waren fast so schnell wie ein Formel 1 Team beim Boxenstopp.





Dann aber schnell zum Seeufer. Ach, wie schön!
Über unser Glück, so einen schönen Platz gefunden zu haben, freuten wir beide uns wie die Kinder. B. freute sich natürlich mehr so „nach innen", aber ich hüpfte wie ein Gummiball auf und ab und boxte B. mehrmals auf den Arm. Ich musste meiner Freude auch nach außen Luft lassen, war doch klar!





Am Strand war die rote Flagge gehisst, aber zum Baden waren wir eh nicht gekommen. In der Nachsaison waren nur wenige Leute da und das absolute Hundeverbot am Ufer wurde sehr locker gesehen. Ich musste sagen: zum Glück! Denn es war einfach wunderbar, Hunde zu beobachten, die durch Wasser und Sand wetzten, Löcher buddelten und Stöckchen jagten. Man konnte eine ganze Weile durch den Sand marschieren, bis man auf eine befestigte Strandpromenade wechseln musste. Dort befanden sich eine ganze Reihe Restaurants.



Dann ging es durch steile Gassen in den Ort. Alles sehr pittoresk und ausgesprochen schön.







Leider war der Ort Feriolo sehr klein und ruckzuck stand man am Rand einer sehr viel befahrenen Schnellstraße.
Also wanderten wir auf demselben Weg zurück und verbrachten den Rest des Tages auf unserem Stellplatz.
Am nächsten Morgen wollte ich gleich die Fahrräder rausholen und eine kleine Tour machen. Aber B. war einfach zu faul und wollte lieber nur lesen. Das ging übrigens die ganzen 3 Tage so! Alleine traute ich mich mit dem Rad nicht so weit weg zu fahren, weil ich sonst ja nie wieder zurück zum Campingplatz gefunden hätte! Sich in einem Land zu verirren, dessen Sprache man nicht spricht, war weniger erstrebenswert für mich…
Also machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Weit bin ich nicht gekommen, denn der Ort war echt klein und ganz schnell war man wieder bei dieser vielbefahrenen Bundesstraße angelangt. Also versuchte ich, ein paar Läden zu erkunden. „Shoppingtour geht immer", dachte ich. Aber ich fand nur zwei … ja wie soll ich sagen… Ramsch-Läden? Sie waren in Hallen untergebracht und man bekam dort alles: Vom Parfüm über Teppiche, Geschirr und Glitzerkostüme einfach alles! In der einen Halle stammte allerdings das gesamte Sortiment aus den 70er-Jahren und in der anderen Einkaufshalle wurden Produkte für wenig Geld und direkt aus China angeboten. Dort roch es auch dermaßen giftig, dass ich wie benebelt schnell wieder das Weite suchte. Auffällig war, dass in beiden Läden sich keinerlei Kundschaft befand! Außerdem gab es in diesem Ort noch eine stillgelegte Tankstelle und eine übermäßig große Apotheke. Aber sonst nichts. Kein Supermarkt, keine Bäckerei, keine Drogerie – nichts!
Relativ ohne Umwege fand ich zum Campingplatz zurück und beschäftigte mich den Rest des Tages mit Lesen und mit dem Ausspionieren unserer Nachbarn. Mit B. gemeinsam lässt sich so gut lästern!
Abends gingen wir dann noch in ein Restaurant und verputzen unsere erste echt italienische Pizza. Schmeckte aber auch nicht anders als zuhause in Deutschland. Ich hatte auch einen kleinen Salat bestellt, worauf man in Italien aber offenbar nicht so viel Wert legte. Schal und abgestanden. Nix frisch und knackig!



Am nächsten Tag begleitete mich B. auf meinen Streifzügen durch den Ort und wir fanden tatsächlich ein kleines Lebensmittelgeschäft! Allerdings musste man sich am Eingang durch einen Fliegenvorhang kämpfen, der aus plüschigen Schnüren bestand. Boah, sowas von eklig! Wir wollten uns lieber nicht vorstellen, was in dieses Plüschfäden schon alles hängen geblieben war!!



Der Laden selbst war ein kleiner Tante Emma-Laden und wir deckten uns mit italienischem Käse, Brötchen und ein bisschen Haribo ein. Wein hatten wir noch an Bord und da wir vorhatten, abends nochmal Essen zu gehen, brauchten wir sonst nichts.
Auf dem Campingplatz befanden sich bis dahin nahezu ausschließlich deutsche Urlauber. Das lag wohl auch daran, dass sich viele Deutsche - so wie wir – einen Brückentag genommen und noch einen Kurzurlaub eingelegt haben. Am Samstag stießen dann noch ein paar Schweizer hinzu. Und eine nette, ältere Dame kam als Nachbarin hinzu, die mit ihrem Hund alleine unterwegs war. Es gab immer einen Grund, ein Schwätzchen zu halten und interessante Leute zu treffen!
Tja, das Restaurant am Abend war echt der Volltreffer! Es war auf einer Holzveranda am Strand aufgebaut und rundum verglast, weil es abends doch ein bisschen frisch wurde. Licht gab es von zahlreichen Fackeln, die später entzündet wurden. Wir haben exquisit italienisch gespeist: Risotto bzw. Gnocchi und zum Dessert gab es ein leckeres Tiramisu. Dazu ein wunderbarer Sonnenuntergang … was braucht man mehr zu Glücklichsein?
Am Sonntagmorgen ging es relativ früh zurück nach Hause, weil wir befürchteten, vor dem Gotthard sonst in den Rückreisestau zu geraten. Die Sorge war unbegründet, wir konnten in einem Rutsch von der Straße in den Tunnel fahren.
Zu Hause waren wir noch ganz beseelt von dem schönen Kurzurlaub und wir haben gleich für das nächste Jahr wieder am Lago Maggiore gebucht! Dann wollten wir aber das Frühjahr dort einmal erleben…


Abendstimmung in Feriolo

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